Wie ändert sich die Ausbildung an der Krankenpflegeschule während der Corona-Pandemie und warum steigt plötzlich das Interesse an diesem Beruf? Interview mit Katharina Glaser, Auszubildende im zweiten Ausbildungsjahr an der Krankenpflegeschule am Klinikum in Marktredwitz und ihrer Schulleiterin Xenia Kugler.

Marktredwitz / Selb, 26. Juni 2020


Aufgrund der zahlreichen Hygienevorschriften und Vorsichtsmaßnahmen stellt die Berufsausbildung in Zeiten von Corona für viele Arbeitgeber und Schulen eine große Herausforderung dar. Vor allem auch die Auszubildenden müssen sich immer wieder kurzfristig an geänderte Rahmenbedingen anpassen.

Katharina Glaser, 20 Jahre, befindet sich mit ihrer Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin (seit 2020: Pflegefachmann/-frau) im Klinikum Fichtelgebirge an vorderster Front. Inwieweit die Pandemie-Situation ihre Ausbildung beeinflusst hat und wie sich ihr Klinikalltag verändert hat, haben wir in einem Interview erfragt.

 

Wie war ihr Einsatz bei unseren Covid-Patienten?
Katharina Glaser: Am Beginn der Corona-Zeit am Klinikum sollte ich eigentlich gerade einen praktischen Teil meiner Ausbildung in der ambulanten Pflege beginnen – das fiel aus. Stattdessen war ich in Selb –unserem Covid-Krankenhaus - eingesetzt. Die erste Zeit war sehr arbeitsreich und eine „logistische Meisterleistung“. Wir mussten ständig schauen, wer mit wem zusammenliegen darf um die Patienten gut unterzubringen, sie aber nicht in Gefahr zu bringen. Da ich über 18 Jahre alt bin, durfte ich ganz normal auf der Station mitarbeiten. Die Einweisung vor Ort wurde von den Krankenschwestern nochmal wiederholt- da es viel zu beachten gab. Der Umgang mit den Patienten war letztlich wie immer. Allerdings war die Schutzkleidung sehr ungewohnt für mich: Es war warm und sehr anstrengend in diesen Sachen zu arbeiten.

 

Fühlten sich gut vorbereitet?
Katharina Glaser: Die Einweisung von den Schwestern war super und gründlich, das Team eingespielt und die Zusammenarbeit prima.


Hatten Sie am Anfang Angst vor dieser Aufgabe?
Katharina Glaser: Ja, anfangs war ich schon nervös, man machte sich Sorgen. Auch ausgelöst von der umfangreichen Berichterstattung aus anderen Regionen und Ländern. Aber letztlich brauchten die Patienten normale Pflege und sie waren froh über den Besuch von uns Schülerinnen und Schülern– die auch mal Zeit für ein kurzes Gespräch hatten.


Was sagte ihr Umfeld?
Katharina Glaser: Meine Mama arbeitet selbst in der Pflege aber meine Großeltern machten sich große Sorgen, riefen mich täglich an und fragten nach, wie die Situation im Krankenhaus ist und wie es mir geht.


Wie haben die Eltern der Schülerinnen und Schüler reagiert?
Xenia Kugler: Die Schüler wie auch die Eltern machten sich große Sorgen bezüglich der Überschreitung der Fehlzeiten, die eine Zulassung zur Abschlussprüfung gefährdeten. Auch hatten die Schüler Angst den theoretischen Inhalt durch Onlineunterricht nicht vollumfänglich verstanden und durchgenommen zu haben. Neben der erhöhten Belastung in der praktischen Ausbildung war auch die Ansteckungsgefahr ein großes Thema bei den Schülern und Angehörigen. Mit viel Geduld und Telefonaten, persönlichen Gesprächen und e-Mails konnte das Lehrerkollegium die Schüler und Angehörigen jedoch in den meisten Fällen beruhigen. Die nachweislich durch Corona-Karenz entstandenen Fehlzeiten fließen auch nicht in die Fehlzeiten ein, das war eine große Erleichterung für die Schüler vor allem des dritten Ausbildungsjahres, die jetzt kurz vor den Prüfungen stehen. Im aktuellen Block der Abschlussklassen wiederholen wir jetzt im Unterricht die wichtigsten online unterrichteten Themen um die Schüler bestmöglich auf die Abschlussprüfung vorzubereiten. Besondere Nachsicht gilt dann auch bei den praktischen Prüfungen, die von den Schülern unter besonderen Anforderungen und Umständen stattfinden werden. Auch hier wurden in Vorprüfungen die Situationen der praktischen Prüfung durchlaufen, so dass den Schüler bekannt ist was auf sie zukommt.

Ist das Interesse an ihrem Ausbildungsberuf gestiegen?
Katharina Glaser: Das Interesse ist aus meiner Sicht gleich geblieben aber die Wertschätzung ist größer geworden. Ich werde oft gefragt wie es auf Arbeit ist. Die Akzeptanz und die Wertschätzung ist sehr groß.
Xenia Kugler: Wir haben sehr viele Bewerbungen erhalten! Wir haben sogar eine lange Nachrückerliste. Das war in den letzten Jahren nicht so. Bewerbungen für 2021/22 sind aber jederzeit möglich.

Das Interesse an der Ausbildung ist deutlich gestiegen und wir haben uns für die 32 besten Kandidaten entschieden. Es gab noch weitere tolle Bewerber, jedoch haben wir derzeit nicht die Kapazität um weitere Plätze anzubieten. Mit dem Neubau der Schule wird das dann möglich sein, es wird dann zwei Klassen geben.


Was hat Sie besonders beeindruckt?
Katharina Glaser: Es war eine sehr spannende Zeit, Flexibilität war oft gefragt und der Zusammenhalt war sehr gut. Es war auch ein echter „Hygiene-Crashkurs“, wir haben alle eine sehr große fachliche Vertiefung erhalten.
Xenia Kugler: Es war sehr beeindruckend zu sehen, wie junge Menschen, die teilweise erst seit einem halben Jahr in der Ausbildung sind, die Tätigkeiten in der Pflege in dieser besonderen Situation hervorragend meisterten und eine große Hilfe für das Klinikpersonal waren und auch immer noch sind. Trotz Doppelbelastung zwischen Schule und Praxis, trotz zahlreicher durch Corona bedingten Versetzungen innerhalb der Klinik, trotz veränderter Urlaubzeiten und Unterrichtszeiten verlieren die Schüler nicht die Motivation und Freude an ihrem Beruf. Das verdient meine Hochachtung.


Hat sich das Image ihres Berufes geändert?
Katharina Glaser: Der generelle Eindruck ist ja, dass wir vorwiegend alte Menschen pflegen. In der Corona-Hochzeit brauchten aber auch jüngere Menschen unsere Pflege. Gerade das Umgehen mit allen Altersklassen macht den Beruf für mich so attraktiv. Ich habe für mich den richtigen Beruf gewählt.
Xenia Kugler: Das Image der Pflege ist aus meiner Sicht nicht besser geworden. Jedoch wird vielleicht jetzt Allen, die sich bisher mit dem Beruf nicht auseinandergesetzt haben klar, dass Pflege eben nicht jeder kann. Der Pflegeberuf ist mehr als Grundpflege verrichten. Die professionelle Pflege ist komplex, abwechslungsreich, herausfordernd: Nach dem Abschluss kann man so viele Weiterbildungen und Spezialisierungen auswählen, wie in kaum einem anderen vergleichbaren Beruf. Was die Corona-Krise jedoch gezeigt hat, ist die Tatsache, wie wichtig die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen allen Berufen im Krankenhaus ist. Ob Pflegekräfte, Ärzte, Reinigungspersonal, Küchenpersonal, Transportdienst, Technik, IT-Abteilung, Labor, Apotheke oder Verwaltungskräfte: Alle tragen zum reibungslosen Klinikablauf in der Krise bei.

Katharina Glaser und Teresa Kaiser (v.r.n.l.) in voller Schutzausrüstung während ihrer Tätigkeit in einem Screeningbereich am Klinikum Fichtelgebirge in Marktredwitz.

Kontakt & Bildmaterial:

Peggy Kuniss-Pfeiffer, Pressesprecherin
Tel.: +49 9231 809 1004, p.kuniss@klinikum-fichtelgebirge.de
Klinikum Fichtelgebirge gGmbH, 95615 Marktredwitz,
www.klinikum-fichtelgebirge.de